Effizientes Testen von MEMS Mikrofonmodulen

Präzise Messungen und wirksame Störgeräuschisolation

MEMS Mikrofonmodule sind aus der modernen Audiotechnologie nicht mehr wegzudenken. Sie finden Anwendung in einer Vielzahl von Geräten, von Smartphones über Wearables bis hin zu IoT-Geräten. Da die Qualität und Zuverlässigkeit dieser Mikrofone von entscheidender Bedeutung ist, wird ein zuverlässiger und effizienter Testprozess benötigt. In diesem Blogbeitrag stellen wir Ihnen einen automatischen Tester vor, der speziell für die Prüfung von MEMS Mikrofonmodulen entwickelt wurde und ein bereits bestehendes System ersetzt.

Dabei standen folgende Ziele im Fokus:

  • Sehr hohe Genauigkeit und Reproduzierbarkeit der Messergebnisse
  • Hohe Störgeräuschunterdrückung aus dem Produktionsumfeld
  • Verwendbarkeit in nicht klimatisierter Prüfumgebung
  • Erhöhung des Produktdurchsatzes

Aufbau des Testsystems

Abb. 1: Schematischer Aufbau Prüfautomat iuMIC-4x

Das Herz des Testers ist ein Raspberry Pi 4B, auf dem das Python Script zur Steuerung der Peripherie und zur Auswertung der Messungen ausgeführt wird. Er ist mit einem Multichannel-Audio-Interface und über ein BroadR-Reach-Interface mit einem Infotainment System verbunden, welches für die Konfiguration der Mikrofonplatinen verwendet wird. Die GPIOs des Computers werden zum Auslesen von Positionssensoren und zur Steuerung von Status-LEDs verwendet, um das Messergebnis in der zugehörigen Datenbank und für das Bedienpersonal eindeutig dem jeweiligen Prüfling zuzuordnen.

Abb. 2: Prüfautomat iuMIC-4x

Um eine möglichst hohe Robustheit gegen elektromagnetische Störungen aus dem Fertigungsumfeld zu erreichen, war es essentiell, alle analogen Signalstrecken differentiell und geschirmt auszulegen. Zur Messung des Eigenrauschens musste außerdem sichergestellt werden, dass der Verstärker elektronisch deaktiviert werden kann und die Ausgänge der Infotainment Unit, sowie die Eingänge des Audio Interfaces so rauscharm sind, dass das Eigenrauschen der Mikrofone nicht durch das Grundrauschen des Messsystems maskiert wird.

 

Messung des Frequenzgangs

Abb. 3: Messaufbau

Ein entscheidender Aspekt bei der Bewertung der Mikrofonqualität ist der Frequenzgang. Mit dem Tester kann der Frequenzgang der Mikrofonmodule präzise gemessen werden, um sicherzustellen, dass sie den spezifizierten Anforderungen entsprechen.

Dazu wird das Messsignal vom Messscript über das Multichannel-Audio-Interface ausgegeben und über einen Verstärker aus eigener Entwicklung an den Test-Lautsprecher in der Messkammer übertragen (siehe Abbildung). Dort wird das akustische Signal von den Prüflingen 1-4 aufgenommen und per A2B-Bus an das Infotainment System übergeben, welches das Bus-Signal wieder in 4 separate Mikrofonkanäle splittet. Diese 4 Einzelsignale werden anschließend vom Audio-Interface aufgezeichnet und durch das Python-Script auf dem Raspberry Pi ausgewertet.

Abb. 4: Hohe Reproduzierbarkeit - Standardabweichung für 10 Wiederholungsmessungen mit jeweils neu eingelegtem Prüfling

Die Mikrofone weisen technologisch bedingt eine geringe Temperaturabhängigkeit auf, die im Zusammenhang mit der geforderten Messtoleranz jedoch bereits kritisch ist. Um die anvisierte Messgenauigkeit von ± 0,1 dB zu erreichen, wäre eine Temperaturstabilisierung der Prüfumgebung auf etwa ± 1,5 °C nötig. Um auch in nicht klimatisierten Räumen eine entsprechend hohe Genauigkeit zu erreichen, wurde der Tester für den gleichzeitigen Test von 4 Baugruppen ausgelegt. Durch die relative Auswertung der Messergebnisse wurde die Forderung nach einer hohen Reproduzierbarkeit bei gleichzeitig sehr hoher Genauigkeit der Messergebnisse erfüllt (siehe Abbildung 4).

Durch diese Parallelisierung der Messung und eine Optimierung des Messskriptes konnte der Durchsatz bei gleicher Messzeit im Vergleich zum ersten Tester um den Faktor 4 erhöht werden. Dies ist insbesondere in der Massenproduktion von Vorteil, wo Effizienz und Durchsatz entscheidend sind.

Messung des Eigenrauschens

Abb. 5: Prüflingsaufnahme und geöffnetes Isolationsgehäuse

Darüber hinaus wird der Tester zur Messung des Eigenrauschens der Baugruppen genutzt, um ein störungsfreies Mikrofonsignal zu gewährleisten. Für einen gültigen Test dürfen dabei keine äußeren Geräusche vom Prüfling aufgezeichnet werden, was eine äußerst effektive Schallisolation zwischen Prüfkammer und Prüfumgebung unerlässlich macht.

Da im Produktionsumfeld z.B. durch Transportwagen oder Tätigkeiten neben dem Tester der mechanische Eintrag von Körperschall ein Problem darstellt, musste ein Weg gefunden werden, um diesen Kopplungspfad effektiv zu unterbrechen. Üblicherweise wird hier mit Dämpfungsgummis oder Spikes gearbeitet, die jedoch nie eine vollständige Entkopplung ermöglichen. Für eine optimale mechanische Entkopplung haben wir uns für eine magnetische Lagerung entschieden, bei der der komplette Tester schwebend auf einem durch Neodym-Magnete erzeugtem Feld ruht. Die untere Grenzfrequenz dieses Feder-Masse-Systems ist so niedrig, dass ein Störeintrag auf mechanischem Weg ausgeschlossen werden kann.

Zur maximalen Dämpfung akustischer Störungen wurden vielschichtige Dämpfungsmaßnahmen implementiert, die akustische Einkopplung und die mechanische Übertragung dieser Signale maximal reduzieren soll.

Alle Flächen des Außengehäuses wurden mechanisch bedämpft, um die akustische Einkopplung in das Gehäuse zu minimieren. Weiterhin wurde ein spezielles Isolationsgehäuse entwickelt, dass die eigentliche Messkammer umgibt und nach dem Box-in-Box-Prinzip mit mehrlagigen Absorptionsschichten gefertigt wurde. Dieses Gehäuse wurde auf Dämpfern gelagert in den Tester montiert und mechanisch soweit wie möglich entkoppelt, um die mechanische Übertragung vom Außengehäuse des Testers zur Messkammer zu minimieren. Das innere der beiden in einander geschachtelten Aluminiumgehäuse ist schwimmend in einer Schicht aus Kautschukgranulat gelagert. Zur Reduktion von Resonanzen und als weitere Isolationsschicht wurden alle Flächen vollflächig mit einem weiteren 4mm starken Dämpfungsmaterial beschichtet.

Das Isolationsgehäuse besteht aus zwei Gehäuseteilen, die über den Schließmechanismus des Testers aneinander gepresst und durch zwei umlaufende Dichtungen abgeschlossen werden (siehe Abbildung 5).

Abb. 6: Frequenzabhängiger Dämpfungsverlauf

Die Kombination dieser vielfältigen Maßnahmen führen zu dem in  Abbildung 6 dargestellten Dämpfungsverlauf und ermöglicht die Messung des Mikrofoneigenrauschens in einem lärmbelasteten Produktionsumfeld.

Abb. 7: Gemessenes Eigenrauschen von 200 Prüflingen mit vereinzelten Reststörgeräuschen

Abbildung 7 zeigt die Wirkung der akustischen Isolation anhand des gemessenen Eigenrauschens von 200 Prüflingen. Im Rauschspektrum sind zwar einzelne Restanteile von akustischen Störungen zu erkennen, die ohne die Isolationsmaßnahmen zu falsch bewerteten Prüflingen bei der Eigenrauschmessung führen würden. Dies wird nun effektiv verhindert, während Mikrofone, die den zulässigen Grenzwert überschreiten weiterhin zuverlässig detektiert werden.

Bedienung und Messablauf

Abb. 8: Schema Messablauf

Das Messsystem ist in die Testumgebung unseres Lieferanten eingebunden, sodass die Verwaltung und Sicherung von Messdaten in dessen Messdatenbank gewährleistet ist. Damit wird sichergestellt, dass nach dem Test nur Prüflinge gelabelt und ausgeliefert werden, die den Test mit PASS bestanden haben. Für fehlerhafte Baugruppen wird der Etikettendruck durch die Datenbank verhindert (siehe Abbildung 8).

Der automatische Testablauf wird über eine einheitliche GUI auf einem Prüfrechner unseres Lieferanten gestartet. Neben der Einbindung in dessen Prüfumgebung hat dies den Vorteil, das Bedienpersonal nicht zusätzlichen schulen zu müssen, sodass die Messung durch alle dort üblicherweise für Prüfungen zuständigen Personen durchgeführt werden kann. Nach Abschluss der Messung wird der Teststatus über Status-LEDs neben der Prüflingen visualisiert.

Das Testscript wird über eine SSH-Verbindung auf dem Raspberry Pi gestartet und die Messdaten nach Abschluss der Messung auf den Steuerrechner heruntergeladen. Der Tester ist damit autark von der restlichen Prüfumgebung und gegen schwer kalkulierbare Störungen z.B. durch Systemupdates des Prüfrechners gesichert. Ein weiterer Vorteil dieser klaren Trennung ist, dass wir bei Updates des Testablaufs in der Lage sind, ein komplettes und zuvor bei uns eingehend getestetes Image des Raspberry Pi als SD-Karte auszuliefern. Damit stellen der Aufruf des Testscripts und die Übergabe der Messergebnisse die einzigen und eindeutig definierten Schnittstellen dar, wodurch wir eine optimale Portierbarkeit und unterbrechungsfreie Lieferfähigkeit sicherstellen können.

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